Rätsel sind dazu da, um gelöst zu werden. In einem Museum zu arbeiten, kann dabei sehr hilfreich sein.
Ein Beitrag von Marcus Rischmüller
„Was ist das eigentlich für ein komisches Ding?“
Diese Frage stellte ich mir, als ich zum ersten Mal die markante Stahlkonstruktion erblickte, die sich vor dem Haupteingang des LVR-Industriemuseums Zinkfabrik Altenberg über der Hansastraße erhebt. Spontan dachte ich an eine Art Baukran, war von meiner Vermutung allerdings selbst nicht besonders überzeugt. Auch nachdem ich ein Foto des seltsamen Gebildes an eine Reihe Bekannter verschickt hatte, war ich nicht schlauer als zuvor. Viel wurde geraten, wenig gewusst. Das Rätsel musste wohl ungelöst bleiben.
Einige Zeit später gab es plötzlich wieder Grund zur Hoffnung: Zu meinem Glück konnte ich nur wenige Monate nach meiner ersten Begegnung mit dem imposanten Konstrukt als Volontär beim LVR-Industriemuseum beginnen. Und wenn jemand wusste, worum es sich hier handelte, dann doch wohl die neuen Kolleg*innen, die ja schließlich in direkter Nachbarschaft der Konstruktion arbeiten! Es dauerte nicht lange, bis ich endlich des Rätsels Lösung erfuhr: Das „komische Ding“ ist ein Bremsbogen der Wuppertaler Schwebebahn – darauf muss man erstmal kommen!
Mein neu erworbenes Wissen warf allerdings gleich die nächste Frage auf: Wieso steht ein Bremsbogen der Wuppertaler Schwebebahn ausgerechnet vor dem Eingang des LVR-Industriemuseums in Oberhausen? Ein Blick in unsere Museumsdatenbank konnte hier Abhilfe schaffen: Der Schwebebahn-Bremsbogen wurde 1900 in der Brückenbauanstalt der Gutehoffnungshütte angefertigt – er stammt also ursprünglich aus Oberhausen! In Wuppertal spielte er anschließend fast 100 Jahre lang eine tragende Rolle bei der Stabilisierung des weltbekannten Schienensystems. Als die Schwebebahn selbst schließlich einer Generalüberholung unterzogen wurde, setzte sich das LVR-Industriemuseum erfolgreich für seine „Rückkehr“ nach Oberhausen ein. Seit 1998 markiert der Schwebebahn-Bremsbogen deshalb den Eingang zum Museumsgelände.
Daneben ließen sich unserer Datenbank noch weitere interessante Details entnehmen, wie zum Beispiel, dass der Bremsbogen eine stattliche Höhe von über zehn Metern aufweist und ein Gewicht von 32 Tonnen auf die Waage bringt – was für ein Koloss! Alle meine Fragen waren damit beantwortet.
So wie mir ist es vermutlich vielen anderen beim Anblick des Schwebebahn-Bremsbogens ergangen. Was lag da näher als die Idee, ein Schild mit allen wichtigen Informationen anzubringen? Zunächst galt es, einen passenden Text zu verfassen. Dieser sollte einerseits alle relevanten Details über die Geschichte des Bremsbogens enthalten, andererseits möglichst schnell lesbar und leicht verständlich ausfallen. Gar nicht so einfach, wenn man so wie ich frisch von der Universität kommt und eher an das Verfassen langer und komplexer Texte gewöhnt ist!
Glücklicherweise konnte ich auch hier auf die Unterstützung meiner Kolleg*innen bauen. Nach einem ersten Textentwurf, anschließenden Diskussionen und darauffolgenden Neuentwürfen hatten wir schließlich eine passende Version gefunden. Zusammen mit einem historischen Foto der Schwebebahn schickte ich nun den Text an unsere Werbeagentur, die einen passenden Vorschlag für das Layout des Schildes entwarf. Zwei Schilder ließen wir anschließend montieren: Eines befindet sich direkt an der Museumsfassade und eines an einem Schilderposten, der zum Bahnhofsparkplatz gehört.
Gut sichtbar informieren sie nun über Herkunft und Geschichte des Schwebebahn-Bremsbogens, und niemand muss bei seinem Anblick mehr lange rätseln, was das denn eigentlich für ein „komisches Ding“ ist!


