Warenhaus: Grafik eines Lichthofes in Kölner Leonhard Tietz-Filiale_Zinkfabrik Altenberg

Neues Zeug: Warenhauspostkarten

Shopping gab’s schon im Kaiserreich! Warenhäuser, in denen von Kleidung über Haushaltswaren, Lebensmitteln und Wohnungseinrichtung alles verkauft wurde, waren Ende des 19. Jahrhunderts eine sensationelle Neuheit.

In der neuen Dauerausstellung der Zinkfabrik Altenberg wollen wir zeigen, wie sich der Konsum um 1900 veränderte und was sich die Menschen tatsächlich leisten konnten. Das riesige Angebot der Warenhäuser, innovative Verkaufsaktionen, Freizeitaktivitäten und eine feste Preisauszeichnung lockten Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten an. Innovativ war auch die Tatsache, dass man nach Herzenslust schauen durfte, ohne zum Kauf verpflichtet zu sein. Grundsätzlich standen die Warenhäuser allen offen, was man sich tatsächlich leisten konnte, ob man beispielsweise mit einem schicken neuen Cape oder doch nur mit einem Päckchen Nadeln wieder ging, hing natürlich vom Geldbeutel ab.

Auf die richtige Inszenierung der Produkte wurde sehr viel Wert gelegt: Warenhäuser gehörten zu den ersten Unternehmen, die eigene Werbeabteilungen einrichteten und Dekorateure beschäftigten – ein ganz neues Berufsbild zu dieser Zeit. Auf den folgenden Postkarten bekommt ihr einen Eindruck, wie es in den Verkaufsräumen damals aussah.

Teppichabteilung in einem großen Kaufhaus, um 1900. Warenhaus Wertheim. Zinkfabrik Altenberg
Gründer des Wertheim-Konzerns waren die Brüder Abraham und Theodor Wertheim. In den 1870er Jahren stiegen ihre Söhne in das Geschäft mit ein. Auf der Postkarte ist der Teppichsaal im 1. Stock der Wertheim-Filiale an der Leipziger Straße in Berlin zu sehen. Hier wurde das Sortiment eindrucksvoll in Szene gesetzt: Hohe Decken, große Rundbögen, viel Stuck, und Skulpturen schufen einen beeindruckenden, repräsentativen Raum. Passend zu den Teppichen war der Saal zusätzlich mit Lampen im „orientalischen Stil“ ausgestattet. Die großen Warenhäuser waren bekannt für ihre extravaganten Arrangements. / Foto: LVR-Industriemuseum
Damenabteilung in einem großen Kaufhaus, um 1900. Warenhaus Wertheim. Zinkfabrik Altenberg
Blick in die Damenabteilung einer Wertheim-Filiale in Berlin. Vorproduzierte Kleidung nach Normgrößen, die sogenannte Konfektion, war eine Erfindung des 19. Jahrhundert. Zuvor war Kleidung maßgeschneiderte Auftragsarbeit, wurde selbst genäht oder gebraucht gekauft. Die Herstellung in großer Stückzahl führte zu niedrigeren Preisen für die Käufer*innen. Warenhäuser boten ein großes Sortiment von Konfektionsware an. / Foto: LVR-Industriemuseum
Hutabteilung in einem großen Kaufhaus, um 1900. Zinkfabrik Altenberg
Um 1900 waren Hüte für Damen aus höheren Gesellschaftsschichten ein wichtiger Teil der Garderobe. Frauen zeigten mit ihren aufwändig geschmückten Kopfbedeckungen auch den Wohlstand ihres Ehemannes. Natürlich hatten die Warenhäuser daher auch Hüte im Sortiment. Auf dem Foto sieht man, dass diese bei Wertheim offen sichtbar präsentiert wurden und nicht erst vom Verkaufspersonal herausgegeben werden mussten. Potentielle Kundinnen konnten also nach Lust und Laune schauen, bevor sie sich entschieden. / Foto: LVR-Industriemuseum

Namhafte Architekten, wie Alfred Messel, Wilhelm Kreis und Josef Maria Olbrich, entwarfen vor dem Ersten Weltkrieg für viele Warenhaus-Filialen repräsentative Neubauten. Besonders der von Alfred Messel entworfene Wertheimbau (1896-1906) an der Leipziger Straße in Berlin wurde zum Vorbild für andere Architekten dieser Zeit. Die Gebäude entwickelten sich zu festen Größen und Orientierungspunkten in den Innenstädten.

Eine zentrale Neuheit in der Warenhausarchitektur waren Stahlskelettkonstruktionen, die es ermöglichten, tragende Wände wegzulassen und Fassaden mit großen Schaufensterflächen zu versehen. Die Fassade „öffnete“ sich so zur Straße hin. Die Schaufenster boten viel Platz, die Ware spektakulär zu inszenieren, was auch durch die elektrische Beleuchtung unterstützt wurde. Der Kölner Local-Anzeiger hob in einem Artikel vom 24.Oktober 1895 die Schaufenstergestaltung eines Kölner Leonhard Tietz-Hauses hervor: „Was mit Hülfe der Electricität heutzutage an Licht-Effecten geleistet werden kann, ist dort erreicht.“ [1] Ein weiterer Vorteil der Schaufenster war, dass sie auch abends Passanten anlockten, wenn die Geschäfte bereits geschlossen hatten.

Die großen Warenhäuser waren technisch auf dem neuesten Stand und beispielsweise mit Telefonanlagen, elektrischen Fahrstühlen und automatischen Kassen ausgestattet. Insgesamt machte diese moderne Einrichtung, insbesondere Elektrizität, der frühen Warenhäuser einen großen Teil ihres Reizes aus. Der Kölner Local-Anzeiger erwähnt neben dem elektrischen Fahrstuhl und der Zentralheizung explizit die „65 Bogenlampen und 200 Glühlichter“[2] der Tietz-Filiale.

Die Ansichten vieler Warenhäuser sind auf Postkarten überliefert, die teils in Eigenregie von den Warenhäusern und teils von externen Verlagen veröffentlicht wurden. Einige solcher Postkarten haben wir als Beispiel einer wichtigen Entwicklung in der Konsumgeschichte für die neue Dauerausstellung der Zinkfabrik Altenberg angekauft.

Warenhaus Hermann Tietz: Kaufhausfassade mit großen Schaufenstern. Zinkfabrik Altenberg
Charakteristisch an dieser 1898-1900 erbauten Filiale des Warenhauses Hermann Tietz in Berlin sind die großen Schaufensterflächen. Der schräggestellte Globus – Wahrzeichen des Warenhauses Hermann Tietz – verweist auf das Angebot aus aller Welt. / Foto: LVR-Industriemuseum
Außenansicht des Kaufhauses Carl Peters. Warenhaus, davor viele Passant*innen. Zinkfabrik Altenberg
Kaufhaus Carl Peters war ein großer Textilwarenhandel in Köln. Die Postkarte zeigt nur einen kleinen Ausschnitt der zweiten Kölner Carl Peters-Niederlassung – ein riesiger Komplex in der Zeppelinstraße/Ecke Breite Straße. Mit 24.000 Quadratmetern Verkaufsfläche gehörte die Niederlassung tatsächlich zu den sehr großen Kaufhäusern Westdeutschlands. Ob es auch wirklich das Größte war, konnte ich nicht überprüfen. Das Gebäude wurde ab 1910 gebaut und 1914 eingeweiht. Die Postkarte ist von 1929 wurde vermutlich im Eigenverlag veröffentlicht. / Foto: LVR-Industriemuseum
Kleine Leonhard Tietz-Filiale in Euskirchen. Warenhaus und Passenten.Zinkfabrik Altenberg
Nicht ganz so imposant, aber auch kleinere Städte hatten Warenhäuser zu bieten. Hier eine Niederlassung der im Rheinland weit verbreiteten Warenhauskette Leonhard Tietz in Euskirchen. An neuen Standorten testete Leonhard Tietz meist mit gemieteten Ladenflächen das Potenzial der Geschäftslage, bevor er ein Gebäude ankaufte oder einen Neubau in Auftrag gab. So entwickelte er ein großes Filialnetz. In Euskirchen zog Tietz später in einen Neubau an der gleichen Adresse. / Foto: LVR-Industriemuseum
Außenansicht des Warenhauses Weinberg in Wanne. Zinkfabrik Altenberg
Neben den überregional verbreiteten Ketten wie Leonhard Tietz, Hermann Tietz und Karstadt gab es auch kleinere Warenhäuser, wie A. Weinberg‘s Warenhaus in Wanne (heute Herne). Auch hier gab es ein breites Warenangebot, das in großen Schaufenstern präsentiert wurde. Beworben werden hier Glas-, Emaille und Porzellanwaren, Möbel und Kochmaschinen. Direkt angeschlossen war bis Ende der 1920er Jahre die Kaiserpassage, die erste überdachte Ladenpassage im Ruhrgebiet. Das Sauberhalten des Glasdaches erwies sich vor allem wegen der Luftverschmutzung durch die Industrie jedoch als Mammutaufgaben und so wurde die Passage wieder abgerissen. / Foto: LVR-Industriemuseum

[1] Kölner Local-Anzeiger vom 24.Oktober 1895, Nr.290, S.3. https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/zoom/262256

[2] Ebd.

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