Die Fabrik als erstes Exponat.
In vielen Museen der Industriekultur ist das Museumsgebäude selbst – die Zeche, das Hüttenwerk, die Fabrik – das erste Exponat. Auch die Zinkfabrik Altenberg muss sich in der Riege authentischer Industriebauten des Ruhrgebiets nicht verstecken.
Ein Beitrag von Maja Lange und Daniel Sobanski
Steht doch in Oberhausen die einzige, vollständig erhaltene Fabrikanlage aus dem frühen 20. Jahrhundert in der Region. Hier ist ein nahezu kompletter Gebäudekomplex aus Kraftzentrale, Produktions-, Lager-, Instandhaltungs- und Verwaltungsgebäuden sowie den Wohnhäusern für den Direktor und die Belegschaft erhalten geblieben.
Schon seit 1997 ist die Zinkfabrik Altenberg ein Ausstellungshaus des Verbundes des LVR-Industriemuseums. Der Schwerpunkt der ersten Dauerausstellung lag auf der Geschichte der Schwerindustrie an Rhein und Ruhr. Die Darstellung der Entwicklung der Zinkfabrik Altenberg beschränkte sich auf eine vorgelagerte Ausstellung im Foyer. Das soll sich zukünftig ändern. Beginnend bei den denkmalgeschützten Gebäuden, über die wenigen erhaltenen Originalmaschinen aus der Betriebszeit bis zur Geschichte der Schließung, des Kampfes um den Erhalt der Gebäude und die heutige Nutzung des Gesamtgeländes: Die Zinkfabrik Altenberg ist unser wichtigstes Exponat!
Zeugin der Industriegeschichte
Wie die meisten Industrieanlagen ist auch die Zinkfabrik Altenberg nicht aus einem Guss. Nach rund 130 Jahren industrieller Nutzung hinterließ die Aktiengesellschaft des Altenbergs ein Gelände, dessen Erscheinungsbild größtenteils auf das beginnende 20. Jahrhundert datiert. Dies ist das Ergebnis einer komplexen Baugeschichte, die bereits 1854 ihren Anfang nahm. In einem folgenden Blogbeitrag werden Sie mehr darüber erfahren.
Die historischen Gebäude erzählen uns bis heute von der Arbeit in einer Fabrik. Denn dafür, was eine Fabrik kennzeichnet, ist Zink Altenberg ein typisches Beispiel: Güter wurden in großem Stil mit Hilfe von Maschinen hergestellt. Die Produktion war in einzelne Arbeitsvorgänge aufgeteilt, in denen alle Arbeiter*innen eine spezielle Aufgabe erfüllten. Diese Produktionsweise setzte sich in den letzten zwei Jahrhunderten in Europa durch. Sie ist kennzeichnend für den Prozess der Industrialisierung, der alles änderte. Maschinen wurden wichtiger, während die Qualifikation des Einzelnen an Bedeutung verlor. Menschen kamen dort zusammen, wo Fabriken Arbeitsplätze boten. Dörfer wuchsen zu Industriestädten. Und Oberhausen, der Standort unserer Fabrik, ist ein prototypisches Beispiel dieser Stadtentwicklung durch die Industrialisierung.

Mit der Stilllegung des Betriebes der Zinkfabrik Altenberg wurde die Nutzungsgeschichte des Geländes komplexer. Mit den verschiedenen Abteilungen des LVR-Industriemuseums und den vielen soziokulturellen Vereinen, die sich unter SoVat e.V. zusammengeschlossen haben, bietet das ehemalige Fabrikgelände heute ein vielfältiges Freizeit-, Kultur- und Bildungsangebot. Leider verwirren die Vielzahl und Vielfalt der Angebote heute viele Besucher*innen der Zinkfabrik. Andere passieren das Gelände so eilig, dass sie Zink Altenberg als Ort der Kultur überhaupt nicht wahrnehmen. Das wird anders! Gut platzierte Orientierungspläne und Schilder werden Orientierung bieten und die Geschichte der Zinkfabrik erzählen.
Vom Rohstoff zur Ware – die Zinkfabrik erzählt Industriegeschichte
Aus der Betriebszeit der Zinkfabrik Altenberg sind einige wenige, wenn auch raumgreifende Maschinen erhalten. Diese werden durch ein neues Raumkonzept zur Erschließung der Walzhalle besser in Szene gesetzt. Die augenfälligste Veränderung wird der neue Museumseingang sein, der im Zuge des laufenden Umbaus zur Mitte des Fabrikgeländes wandert. So werden Besucher*innen des Industriemuseums das historische Fabrikensemble im Ganzen wahrnehmen können.
Das neue Museumsfoyer wird mit einer klareren Struktur seiner Orientierungs- und Verteilerfunktion in der Walzhalle besser gerecht werden können. Das große Schwungrad der Zinkfabrik Altenberg mit der angeschlossenen sogenannten „Kinderwalze“ am hinteren Abschluss des Foyers kann seine räumliche Wirkung dabei voll entfalten.
In der ehemaligen Dauerausstellung standen Besucher*innen bereits mit Betreten des Museums vor den ersten Relikten des Zinkwalzwerks: Dem Schmelzofen, dem Gießkarussell und dem Walzgerüst. Zwar erregten sie das Interesse der Besucher*innen, blieben jedoch häufig rätselhaft. Die erste Frage beim Anblick der Maschinen war: „Wie funktioniert das?“
Durch die Verlagerung des Museumseingangs ist dieses Originalensemble zukünftig nicht mehr Teil einer vorgelagerten Miniausstellung zur Unternehmensgeschichte. Vielmehr bilden sie den Auftakt der neuen Dauerausstellung zum bis heute andauernden Industriezeitalter und dessen Auswirkungen auf uns Menschen. Sie führen uns zurück in die „Fabrikzeit“und die Frage nach der Funktion der Maschinen wird noch klarer beantwortet. Der komplexe Fertigungsprozess – vom Rohstoff (Erz) bis zu fertigen Produkten (Dachblech, Druckplatten und vieles mehr) – wird ein erstes Beispiel für die Arbeit im Industriezeitalter.

Der Mensch im Zentrum der Erzählung
Im Zentrum der neuen Dauerausstellung steht der Mensch. Denn wenngleich in der großen Erzählung der Industrialisierung Fabriken und Maschinen dominieren, waren und sind es doch immer Menschen, die in den Fabriken arbeit(et)en und die Maschinen bedien(t)en. Wie veränderten die Umbrüche der Industrialisierung den Menschen, seine Lebensumstände, sein Selbstverständnis? Im industriellen Herstellungsprozess hatte alle Arbeiter*innen ihre Aufgabe. Jede Aufgabe stellte spezielle Anforderungen an körperliche Stärke, Geschick sowie technisches Wissen. Jede Aufgabe gab einen eigenen Arbeitsrhythmus vor. Sie wies dem/der Arbeiter*in einen Platz in der strengen Rangordnung der Fabrik zu. Und jede Aufgabe bedeutete besondere Belastungen durch Hitze, Giftstoffe und Unfallgefahren.
All diese Themen können entlang unseres Maschinenensembles erörtert werden. Außerdem wird die nun umfassender erforschte Unternehmensgeschichte des Mutterkonzerns der belgischen „Société de la Vieille Montagne“ den gesamten Ausstellungsverlauf begleiten. Von der Gründung als Teil eines der ersten transnationalen Konzerne über die Stilllegung bis hin zur musealen Umnutzung als Teil eines der ersten soziokulturellen Zentren.
Die Arbeit auf Zink Altenberg zeigt sich uns nicht nur in den Maschinen und Werkzeugen, sondern auch in Zeugnissen über die Arbeiterinnen und Arbeiter selbst. Dazu zählt ein Fotoalbum, das – überschrieben mit „Nicht Worte, sondern Taten“ – im 19. Jahrhundert für einen der Direktoren des Konzerns angefertigt wurde. Es zeigt Porträtfotos von Arbeiter*innen sowie von Direktoren aus allen Teilen des Unternehmens. Dieses außergewöhnliche Zeugnis gibt vielen Geschichten buchstäblich ein Gesicht. Diese Gesichter werden wir zeigen.

Die grundlegende Struktur industrieller Arbeit, das Fabriksystem, ist bis heute vielerorts gleichgeblieben. Dennoch hat sich auch Vieles gewandelt: Elektrischer Antrieb, neue Organisationsformen, neue Produkte, Automatisierung, Digitalisierung haben die Arbeit verändert. Auch diesen Veränderungen spüren wir in der Ausstellung nach, am Beispiel der Zinkfabrik und an anderen Beispielen aus der Region.
Sie haben nun einen Einblick in einen Teil der Ausstellung bekommen. Nun wird es für uns weiter darum gehen, genauer zu planen und Sie demnächst wieder zu gedanklichen Streifzügen durch die Zinkfabrik mitzunehmen.