LVR-Industriemuseum Zinkfabrik Altenberg, Neue Dauerausstellung, Oberhausen, Postkarte

Die neue Zinkfabrik und das Konzept der neuen Dauerausstellung

Teil 1 – die Fabrikzeit

Im Jahr 2022 haben euch unsere Kooperationspartner berichtet, wie sich die Gestalt der Zinkfabrik Altenberg verändert. Walter Vielain stellte euch die neue Architektur vor, während Noel McCauley euch das Konzept der Ausstellungsgestaltung erläuterte. Aber nicht nur die äußere Form verändert sich, sondern auch die Inhalte der neuen Dauerausstellung. Welche Themen euch erwarten, stellen wir euch einmal im Monat in dieser kleinen fünfteiligen Reihe vor.

Ein Beitrag von Dr. Burkhard Zeppenfeld

„Komm nach Oberhausen. Hier gibt es Arbeit.“

Um 1850 erfasst die Industrialisierung die ländliche Region zwischen Rhein, Ruhr und Lippe: Fabriken fassen immer mehr Arbeitskräfte an einem Ort zusammen, unterteilen die Produktion in viele kleine Arbeitsschritte und nutzen zentrale Antriebe für alle Maschinen. Dass der Region damit eine große industrielle Zukunft bevorsteht, erkennt in dieser Zeit auch ein belgischer Weltkonzern, die Vieille Montagne. Er gründet gegenüber der neuen Oberhausener Bahnstation und direkt neben einer Kohlenzeche eine Zinkfabrik, die später Zink Altenberg genannt werden wird.

Das Fabriksystem bietet den Menschen Lohn im Tausch gegen ihre Arbeitskraft. Fabrikarbeit prägt ihr Leben: Die Arbeitszeiten sind lang, die Arbeit körperlich hart, oft in kaum auszuhaltender Hitze und inmitten giftiger Dämpfe. Viele werden krank und sterben früh. In der Fabrik herrscht eine unerbittliche Ordnung und Disziplin, die vom Fabrikbesitzer – fast immer waren es Männer – vorgegeben wird. Der Lohn sichert der Arbeiterschaft das Überleben, zunächst aber auch nicht mehr.

Mit modernen Verfahren, wie dem Walzen, kann in den Fabriken immer mehr und günstiger produziert werden. Die deutsche Industrie erobert die Weltmärkte, sodass immer mehr Arbeitskräfte nachgefragt werden. In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft verlassen Millionen Menschen ihre Heimat, um ein völlig neues Leben im Ungewissen zu beginnen, in neuen, aus der Industrie heraus entstandenen Städten wie Oberhausen.

Diesen Gedanken aufgreifend führen wir die Besucher*innen am Anfang der neuen Dauerausstellung mit einer zeitgenössischen Postkarte in den Rundgang ein. Der Absender aus Oberhausen, selbst ein Zuwanderer, schrieb an den Maschinenschlosser Otto Wilde in Stralsund: „Lieber Kollege wie gehört habe hast du noch keine Arbeit komm nur hier rüber hier kannst du gleich Arbeit kriegen ich verdiene 4 Mark den Tag“ (siehe Beitragsbild).

LVR-Industriemuseum Zinkfabrik Altenberg, Neue Dauerausstellung, Oberhausen
Foto: LVR-Industriemuseum / DMC

Und was erwartet die Menschen, die nach Oberhausen ziehen? Eine Welt großer sozialer Unterschiede. Sie ist strikt getrennt nach Klassen, die in ihren eigenen Wohnvierteln leben. Der bedrückenden Enge in der Wohnung der vielköpfigen Arbeiterfamilie steht die großzügige Villa des Unternehmensdirektors mit eigenem Dienstpersonal gegenüber. Arbeiterschaft und Bürgertum treffen unversöhnlich aufeinander, beide pflegen ihr je eigenes Gemeinschaftsgefühl.

Die neue Klassengesellschaft bringt harte Verteilungskonflikte um Arbeitszeit und Lohn, aber auch um mehr Möglichkeiten, politisch und betrieblich mitzubestimmen. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs ist die Forderung der Massen nach mehr gesellschaftlicher Teilhabe nicht mehr zu ignorieren. Das rasante Wachstum beflügelt den Traum von einem besseren Leben für immer mehr Menschen. Doch der Einkauf in den luxuriösen Kaufhäusern jener Zeit bleibt für viele vorerst unerreichbar.

3 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s