Die Baugeschichte der Zinkfabrik Altenberg
Teil 4: Energieversorgung und Werkstätten
Die Zinkfabrik Altenberg ist das einzige Fabrikensemble des Ruhrgebiets, das heute noch weitgehend so erhalten ist, wie es zu seiner Blütezeit Anfang des 20. Jahrhunderts ausgesehen hat. Diese Anlage entsteht nicht mit einem Mal, sondern bekommt in vielen kleinen Schritten von Ausbau, Abriss und Neubau ihr heutiges Gesicht. In dieser fünfteiligen Reihe bekommen Sie einen Einblick in die Entwicklungsgeschichte der einzelnen Bauten auf dem Fabrikgelände.
Ein Beitrag von Daniel Sobanski
„Nous pourrions faire des opérations avantageuses sur le territoire Prussien, en nationalisant nos produits“
Als die Vieille Montagne (VM) 1840 den Plan fasst, eine Produktionsstätte außerhalb Belgiens, auf preußischem Gebiet zu errichten, ist sie zuversichtlich vorteilhaften Betrieb führen und ihre Produkte nationalisieren zu können. Nationalisieren bedeutet in diesem Fall, dass die Produkte auf dem preußischen Markt als preußische Produkte gelten und darauf keine Zölle anfallen. Mit Produkten sind durchaus fertige Waren gemeint, die direkt an den Abnehmer verkauft werden. Ein Beispiel für die Erzeugnisse der Zinkfabrik Altenberg finden Sie hier.
Werkstätten
Diese Endprodukte stellt die VM auf dem Werksgelände in Oberhausen her. Die ersten Lagepläne aus den 1850er Jahren zeigen Werkstätten in der Walzhalle, aber ohne, dass klar wird, ob hier schon Bleche weiterverarbeitet werden oder die Räume allein der Reparatur und Instandhaltung dienen.

In den folgenden drei Jahrzehnten folgen mehrere Anbauten an die Walzhalle. Erst auf einem Bauantrag 1879 wird eine Werkstätte beim Namen genannt. Die Klempnerei wird spätestens 1883 fertig gestellt. Denn in diesem Jahr bereitete das Unternehmen schon einen Anbau an diesen Gebäudeteil vor. Die Klempnerei verarbeitet die gewalzten Bleche zu verschiedenen Dach- und Fassadenverkleidungen. Hier bietet die VM eine breite Palette verschiedener Designs. Bis 1899 kommen weitere Anbauten an den Werkstätten hinzu.
Nach der Wende zum 20. Jahrhundert beginnt die VM den Fabrikhof zu bebauen. Um 1900 entsteht ein Vorläuferbau des Eisenlagers, das jedoch um einiges größer ist als das heutige Gebäude und die gesamte Fläche um den heutigen Feuerwehrturm einnimmt. Direkt nebenan baut die VM 1904/05 die Schlosserei. Die Instandhaltungsabteilung benötigt nun ein eigenes Gebäude, da ihre Räume in der Walzhalle wegfallen, als die Halle mit der Rösterei verbunden wird.

Um 1900 wird außerdem das Erzmagazin an der Altenberger Straße gebaut und 1904/05 um einen kleinen Lagerbereich ergänzt. Als in den 1920er Jahren die Erzröstung nach Borbeck verlegt wird, verliert das Erzmagazin seine Funktion. Daher zieht wahrscheinlich in dieser Zeit die Bauklempnerei in das frühere Erzlager ein. Im Anbau wird eine Drahtzieherei eingerichtet, die jedoch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wieder stillegelegt wird.
In den frühen 1950er Jahren sieht die Zinkfabrik die letzten großen Veränderungen. An die Schlosserei wird eine Schmiede angebaut. Die alten Magazingebäude in der Mitte des Fabrikhofs werden abgerissen und machen dem Eisenlager und dem Feuerwehrturm Platz. Ebenso verschwinden die Reste der Röstanlagen, die während des Kriegs zerstört oder schwer beschädigt worden sind. Auf der Fläche der zweiten Röstanlage baut die AG des Altenbergs eine Schreinerei und eine Fertigungshalle. In der Fertigungshalle werden ab 1950/51 Zinkbleche durch mechanische und chemische Behandlung zu Ätzplatten für die Druckindustrie verarbeitet. In die Platten werden in Druckereien dann Texte und Bilder eingeätzt, um sie auf Papier zu drucken.
Energieversorgung
Genauso wie die Werkstätten sind auch die Anlagen der Energieerzeugung beim Bau der Walzhalle und der Röstanlage noch in die Gebäude integriert. Dampfmaschinen, die die Walzen bzw. die Erzmühlen antreiben, stehen unmittelbar in den Werkshallen. Die Kessel, die ihnen Dampf liefern, stehen in Anbauten, die parallel zum Ausbau der Produktion häufig erweitert werden. Der Rauch der Kesselfeuerung wird durch einen unterirdischen Rauchkanal unter der Walzhalle zum Kamin der Chemischen Werke Rhenania auf dem Nachbargrundstück geleitet.

Ab 1892 beginnt die VM dann die Energieversorgung zu zentralisieren und von Dampfkraft auf Elektrizität umzustellen. Zunächst baut das Unternehmen eine kleine Anlage, die Lichtstrom erzeugt. 1896 beginnt dann der Bau des Kesselhauses, so dass man die Lichtstromanlage 1902 zu einem Kleinkraftwerk ausbauen kann, das auch einige Werkzeugmaschinen antreibt. Im selben Zeitraum entstehen auf der Fläche der heutigen Elektrozentrale einige Nebengebäude. Die E-Zentrale selbst wird zwischen 1905 und 1909 gebaut. Damit kann die VM die gesamte Produktion auf elektrischen Antrieb umstellen. An die Stelle der Dampfmaschinen, die jeweils zwei Walzen antreiben, treten große Elektromotoren, die die Walzenzüge über ein Schwungrad in Betrieb setzen. Der Bau des noch heute weit sichtbaren Kamins ist nicht genau zu datieren, wird aber auch in diesen Zeitraum liegen.
Feuerwehr
Das, nach dem Kamin, zweithöchste Gebäude ist der Feuerwehrturm, in dem die Werksfeuerwehr ihre Schläuche trocknet. Der heutige Turm wird erst zwischen 1952 und 1965 gebaut. Spätestens um 1900 gibt es aber bereits einen Vorgänger. Die Feuerwehr existiert sogar schon seit Gründung der Zinkfabrik und wird zeitweise außerhalb des Werksgeländes eingesetzt, so lange bis die junge Gemeinde Oberhausen eine eigene Feuerwehr besitzt.
In welchem Gebäude die Feuerwehr ihre Ausrüstung aufbewahrt, ist auf den frühen Lageplänen nicht auszumachen. Erst ab 1912 ist nachgewiesen, dass der Feuerwehrschuppen im ehemaligen Direktorenwohnhaus untergebracht ist. Dort bleibt die Feuerwehr bis zu Stilllegung der Zinkfabrik 1981.
Als das Walzwerk zu Beginn der 1980er Jahre die Produktion einstellt, nimmt das technische Zentrum des Betriebs, das Walzwerk nur noch den kleineren Teil der Fläche ein. Auf dem größeren Teil des Areals stehen die Anlagen, die der Unterstützung dienen – der Energieversorgung, Reparatur und Weiterverarbeitung.
Der Feuerwehrschuppen ist übrigens eines der wenigen Gebäude, die nach 1981 abgerissen werden. Die meisten Anlagen bekommen neue Nutzer*innen. Was sich nach der Stilllegung der Zinkfabrik in den ehemaligen Werkshallen abspielt, erfahren Sie im abschließenden Teil dieser Reihe.
Hier kommt ihr zum dritten Teil der Reihe.
Quellen und Literatur:
Becker, Susan: Multinationalität hat verschiedene Gesichter. Formen internationaler Unternehmenstätigkeit der Société Anonyme des Mines et Fonderies de Zinc de la Vieille Montagne und der Metallgesellschaft vor 1914, Stuttgart 2002.
Schmenk, Holger: Von der Altlast zur Industriekultur. Der Strukturwandel im Ruhrgebiet am Beispiel der Zinkfabrik Altenberg, Bottrop 2009.
Plan des Walzwerks der Gesellschaft Vieille Montagne zu Oberhausen, 5.8.1854, Université de Liège Centre d’Histoire des Sciences et des Techniques (ULiège) V 124.
Stadtplan Gemeinde Oberhausen, 1857, Stadtarchiv Oberhausen (StA OB).
Situationsplan des Etablissements der Gesellschaft Vieille Montagne zu Oberhausen, 15.10.1856, ULiège V 142.
Plan und Durchschnitt der Dampfmaschine und der beiden Quetschmühlen zu Oberhausen, 15.10.1856, ULiège V 148.1.
Lageplan ohne Titel, o.D. (1856), ULiège V 121.
Kesselzeichnung zum Conzessionsgesuch für die Anlage zweier 45pferdigen Dampfmaschinen auf dem Walzwerk der Gesellschaft Vieille Montagne zu Oberhausen, 27.5.1857, ULiège V 143.
Conzessionszeichnung über die Anlage eines Dampfkessels zum Betrieb der Walzwerksmaschinen auf dem Etablissement der Gesellschaft Vieille Montagne zu Oberhausen, 9.12.1861, ULiège V 125.
Situationsplan über die Anlage zweier Dampfkessel auf Etablissement der Gesellschaft Vieille Montagne zu Oberhausen, 19.12.1861 ULiège V 136
Conzessionszeichnung über die Anlage eines Dampfkessels zum Betrieb der Quetschmühlen auf dem Etablissement der Gesellschaft Vieille Montagne zu Oberhausen, 19.12.1861, ULiège V 161.
Plan zum Bau-Consens-Gesuch Gebäude A, 15.7.1868, StA OB, Alt-Oberhausen 3874.
Plan de situation [um 1875], ULiège V 146.
Situationsplan zum Concessions-Gesuch eines Anbaus der Klempnerei, 25.1.1884, StA OB, Alt-Oberhausen 3874.
Zeichnung zum Concessionsgesuch für einen Speiseraum und Waschraum für die Arbeiter, 24.4.1884, StA OB, Alt-Oberhausen 3874.
Direktor Ross an Königliche Regierung Düsseldorf, 24.11.1884, Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland, Reg. ierung Düss. eldorf Nr. 10725.
Bericht des Direktors der Oberhausener Niederlassung der Vieille Montagne, 13.9.1892, Archiv der Vieille Montagne.
Foto Zinkhütte Altenberg, 1896/97, LVR-Industriemuseum ob 92/1536.
Foto, Altenberg: Ansicht außen, o.D. LVR-Industriemuseum ob 97/121.
Handzeichnung, 29.11.1899, StA OB, Alt-Oberhausen 908
Lageplan zum Bau eines Fallhammers, 22.7.1903, StA OB, Alt-Oberhausen 908.
Lageplan Teilabbruch – Teilneubau der Walzwerkhalle, 5.2.1904, LVR-Industriemuseum.
Großflächige Veränderung im mittleren Bereich der Walzwerkhalle, 6.5.1905, LVR-Industriemuseum.
Baugesuch zur Errichtung des „Direktor-Wohnhauses“, 1.5.1911, LVR-Industriemuseum.
o.A.: 50 Jahre Gemeinde Oberhausen, Oberhausen 1912, S. 95.
Baugesuch zur Errichtung von Feuerwehrgeräteraum, Kleiderkammer, Palmenhaus. Treibhaus, Gartenlaube anstelle des alten Direktorwohnhauses, 7.5.1913, LVR-Industriemuseum.
Luftbild, um 1926, https://luftbilder.geoportal.ruhr/.
Situationsplan mit Bezeichnung der Gebäudenutzung, 18.1.1965, LVR-Industriemuseum;
Interview mit Ewald Imbusch, 12.5.1989.
Interview mit Frau Brune (geb. Kräussl) durch Helge Kleifeld, 1.12.1997.
2 Kommentare