Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Konzeptionsentwurf für die neue Dauerausstellung. Zu sehen ist ein Bereich der Ausstellungseinheit Individualisierung. Foto: LVR-Industriemuseum

Die neue Zinkfabrik und das Konzept der neuen Dauerausstellung

Teil 4 – Individualisierung

Im Jahr 2022 haben euch unsere Kooperationspartner berichtet, wie sich die Gestalt der Zinkfabrik Altenberg verändert. Walter Vielain stellte euch die neue Architektur vor, während Noel McCauley euch das Konzept der Ausstellungsgestaltung erläuterte. Aber nicht nur die äußere Form verändert sich, sondern auch die Inhalte der neuen Dauerausstellung. Welche Themen euch erwarten, stellen wir euch einmal im Monat in einer fünfteiligen Reihe vor. Nach den ersten drei Teilen, die den Zeitraum vom Beginn der Industrialisierung in Oberhausen über die ersten beiden Weltkriege bis zur Zeit des Wirtschaftswunders umfassen, rückt der vierte Beitrag nun die Veränderungen, denen unsere Arbeitswelt in der jüngeren Vergangenheit unterlag in den Mittelpunkt.

Ein Beitrag von Dr. Burkhard Zeppenfeld

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts schließen Fabriken, die Region deindustrialisiert sich und neue Stadtzentren werden geplant. Wo das schwerindustrielle Herz von Oberhausen schlug, steht nun die „Neue Mitte“ mit Europas größtem Einkaufs- und Freizeitzentrum: Das CentrO, das zwar immer noch im Takt einer Fabrik organisiert ist, dessen Waren aber ganz woanders produziert werden. Die „Neue Mitte“ bleibt Ort der Arbeit, mit ganz anderen und sehr verschiedenen Arbeitsplätzen. Sie reichen vom Direktor einer Forschungseinrichtung über die Einzelhandelsverkäuferin bis zum Essenslieferanten. Dieser Ort ist ein Spiegel der „post-industriellen“ Arbeitswelt, die neue Arbeitsidentitäten und soziale Schichten hervorbringt. Das CentrO gibt Anlass, über die Lieferketten einen Blick auf die Arbeitswelten anderer Kontinente zu werfen, deren Bedingungen an die Lebenswelten der „Fabrikzeit“ vor 150 Jahren erinnern.

Porträt eines Heizers, aufgenommen in der Fabrik der Vieille Montagne in Angleur, Foto: LVR-Industriemuseum
Porträt eines Heizers, aufgenommen in der Fabrik der Vieille Montagne in Angleur Foto: LVR-Industriemuseum
Das Foto zeigt eine aus Holz gearbeitete Stempeluhr mit auffälligen, metallischen Ornamenten, um 1900, Foto: LVR-Industriemuseum
Aus Holz gearbeitete Stempeluhr mit auffälligen, metallischen Ornamenten, um 1900 Foto: LVR-Industriemuseum

Die Zinkfabrik wiederum ist kulturell umgenutzt. Auch in den Bildungsbiographien mancher Arbeiterkinder, die dort arbeiten und als erste in ihrer Familie studierten, spiegelt sich der gesellschaftliche Wandel. Die neue Arbeitswelt bleibt Prinzipien des Fabrikzeitalters verpflichtet: in der Art, wie wir in ihr Dienstleistungen organisieren, wie wir einen Teil unserer Identität weiter aus Arbeit schöpfen. Der Wunsch nach sinnerfüllter Arbeit wird mehr denn je eingefordert, aber oft nicht eingelöst. Kaum jemand verbringt sein gesamtes Arbeitsleben noch in einem Job.

„Malochen? Das ist ein Auslaufmodell…“

Der Abschied vom Malocher ist längst vollzogen. Die Identifikation mit dem Job basiert nicht mehr ausschließlich auf Facharbeit und Körperkraft. Der Hüttenmann ist Geschichte, aber was folgt auf ihn?

Wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? Kommt die Produktion zurück in die Stadt, wenn Maschinenteile ohne Emissionen in Kleinserien „gedruckt“ werden können? Werden dort, wo noch beschwerliche mechanische Arbeiten zu verrichten sind, Roboter die Menschen unterstützen oder eine intelligente Prothese die Arbeit erleichtern können? Kann Künstliche Intelligenz irgendwann sowieso alles besser als der Mensch?

Das Foto zeigt eine Mitarbeiterin im CentrO Oberhausen. Foto: LVR-Industriemuseum
Das Foto zeigt eine Mitarbeiterin im CentrO Oberhausen. Foto: LVR-Industriemuseum, Hanzlova, Jitka
Das Foto zeigt eine Smartwatch am Handgelenk einer Person. Auf dem Display wird gerade eine Trainingseinheit aufgezeichnet. Foto: LVR-Industriemuseum
Trainingsaufzeichnung mit einer Smartwatch Foto: LVR-Industriemuseum, Jürgen Hoffmann

Wir folgen Prinzipien des Fabrikzeitalters auch in der Art und Weise, wie wir konsumieren und unsere Körper optimieren. Konsum ist im Zeitalter der Individualisierung weiterhin ein tragendes Element der Selbstvergewisserung. Ob und wie ich meinen Körper forme, welche „Must Haves“ ich habe, ob ich verzichte, exzessiv oder bewusst konsumiere: Mit all dem zeige ich, wofür ich stehe und wer ich bin.

Panoramaaufnahme über das CentrO, Foto: LVR-Industriemuseum
Panoramaaufnahme über das CentrO Foto: LVR-Industriemuseum

Wie sieht die Zukunft unseres Konsums aus? Die bedrohlichen Folgen für Mensch und Natur sind offenkundig. Er wird bald anders funktionieren müssen als bisher. Doch wie nachhaltiger Konsum geht, zeichnet sich erst in Umrissen ab. Die Ausstellung zeigt mutmachende Beispiele. Das Ausstellungskonzept wird sich hier flexibel fortwährend weiterentwickeln. Am Ende lädt sie die Besucher*innen ein, ihre Vision für die Zukunft zu formulieren. 150 Jahre Wandel im Industriezeitalter zeigen, dass Veränderung möglich ist.

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